Textil-Werkstatt

Gudrun Willenbockel

Paramentewerkstatt

Paramentenwerkstatt - Aktuelles


Paramentenstickerei auf der Spur

Eine Woche lang durfte die Schollener TEXTIL-WERKSTATT der Exkursionsstützpunkt für Besuch aus Schweden sein. Die ehemals in Magdeburg ausgebildete Paramentikerin Tabea Dürr lebt und arbeitet seit langem als freischaffende Künstlerin und Dozentin in Göteborg und Stockholm.

Das große Interesse der passionierten Handweberin und Handstickerin gilt der in der Magdeburger Paramentenwerkstatt intern bezeichneten „mustergebundenen Stickerei“, die Strukturen des Untergrundgewebes mit Stickerei verbindet. Bemerkenswert ist, dass diese Art der Verknüpfung von Gewebe und Stickerei ca. seit Mitte der 1920er Jahre allein in Paramentenwerkstätten angewandt wurde, aber bisher noch in keiner Fachliteratur beschrieben ist. Darüber hinaus führte jede Werkstatt für diese Arbeitsweise ihre eigene Bezeichnung. Die Frage nach dem Ursprung und der Art der Weiterverbreitung gibt Rätsel auf. Individuelle Abwandlungen und Weiterentwicklungen in den Werkstätten machen die vergleichenden Analysen zusätzlich spannend. Eine wichtige Spur - dies kann bereits gesagt werden – führt in die Werkstatt des Klosters St. Marienberg in Helmstedt. Der dort gegründete Paramentenverein galt ab 1924 über Jahrzehnte hinweg als das kompetente Ausbildungs- und Weiterbildungszentrum für die evangelischen Paramentenwerkstätten in Deutschland.

Nachdem Tabea Dürr in den vergangenen Jahren bereits in Mecklenburg-Vorpommern auf Exkursion gegangen war, machte sie sich nun zu Altar -und Kanzelbehängen im Elb-Havel-Winkel und der westlichen Altmark auf den Weg. So besuchte sie mit Klietz, Tangerhütte und Klein Schwechten insgesamt 11 Kirchengemeinden, in denen den Aufzeichnungen der ehemaligen Magdeburger Werkstatt zufolge, gestickte Paramente zu vermuten waren. Viele der aus den 1950er und 1960er Jahren stammenden Stücke waren zwar inzwischen aus dem Gebrauch genommen worden, werden aber noch aufbewahrt. Andere sind leider verschollen. Allerdings konnte in Cobbel eine Arbeit auch überraschend wiederentdeckt und neu zugeordnet werden!
Ausgestattet mit umfangreichen Informationen, setzte Tabea Dürr ihre Reise im Anschluss in die Harzregion fort.

Gäste in der TEXTIL-WERKSTATT 1962 Cobbel (Kanzelbehang)
Gäste in der TEXTIL-WERKSTATT 1964 Blankenburg Georgenhof (Altarbehang)
Gäste in der TEXTIL-WERKSTATT 1968 Krusemark (Altarbehang)
Fotos: Tabea Dürr

Parament für die katholische Kirchengemeinde in Bochum

Als Ganzjahresparament gedacht, ist es keiner liturgischen Farbe direkt zuzuordnen. Jedoch lässt die Gestaltung mit Grün, Weiß, Violett und Rot, keinen Zweifel an den vier wichtigen Hauptfarben des christlichen Festkalenders.
Im Zentrum stehen Brot und Wein in Gestalt von Ähren und Trauben. Sie erinnern an die Gemeinschaft mit Jesus Christus im Abendmahl und die Gemeinschaft untereinander.

Gäste in der TEXTIL-WERKSTATT
Gäste in der TEXTIL-WERKSTATT

Dank ehrenamtlichen Engagements

und einer großzügigen Spende erhielt im Sommer 2023 die Kirche St. Johannis in Zieko neue Paramente. Die bislang vorhandenen, reichlich in die Jahre gekommenen Behänge an Altar und Kanzel konnten somit ersetzt werden. Die neuen Stücke wurden als Ganzjahresparamente geplant. Mit ihrer Frische bringen sie ein Stück zeitgemäße Farb- und Formensprache in den historischen Kirchenraum. Auffallend ist die Farbe Blau, die sich zwar als liturgische Farbe etwas ungewöhnlich ausnimmt, sich dafür aber unverkennbar an der Farbfassung des Altars orientiert und einordnet. Noch 2021 war sogar die Apsis hinter dem Altar in einem Blauton ausgemalt.

paramente zieko
paramente zieko
paramente zieko
paramente zieko

Kaum jemand wird die alten Paramente vermissen, oder vielleicht doch? Werden alte Paramente aus dem Gebrauch genommen, verlassen immer Werke von Paramentenkunst und deren Geschichte den Ort des Geschehens. In einem der Werkbücher der ehemaligen Paramentenwerkstatt der Diakonissen in Magdeburg-Cracau fanden sich interessante Hinweise. Der vorgefundene Behang am Altar in Zieko wurde mit ziemlicher Sicherheit 1957 als violetter Pultbehang für die benachbarte Kirche in Kliecken gefertigt. Die Frage, welche Entscheidung hinter der Übereignung stand, bleibt freilich unbeantwortet. Die Farben sind im Laufe der Jahrzehnte arg verblichen. Jedoch die Präzision des handgestickten Symbols „Strahlenkrone“ beeindruckt bis heute.


paramente kirche zieko Parament von 1957, gefertigt in der Paramentenwerkstatt des Diakonissenhauses Bethanien Magdeburg-Cracau
paramente zieko kirche St.-Johannis-Kirche Zieko b. Coswig/Anhalt, Kirchenschiff von 1667, Turmneubau von 1894

Paramentenwerkstatt


Aktuell in Arbeit: Dreiteiliger Wandbehang für das Chor- und Gemeindehaus St. Johannis in Rostock

altardecke altardecke altardecke

1 Projekt, 2 Hände, auf 3 Quadratmetern, quer durch die 4 liturgischen Farben des Kirchenjahres